Stellungnahme der Studierendenschaft am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zum Anhörungsentwurf des KIT-Weiterentwicklungsgesetzes

Im grün-roten Koalitionsvertrag wird die Stärkung der inneren demokratischen Strukturen neben der Ausweitung der Autonomie als zentraler Punkt bei der Weiterentwicklung des KIT genannt. Wir unterstützen dieses Ziel, da das Experiment KIT nur dann gelingen kann, wenn seine Mitglieder es unterstützen. Diese Unterstützung bekommt man aber nur dann, wenn den Mitglieder die Möglichkeit gegeben wird, sich in die Gestaltung des KIT aktiv einzubringen. In dem nun vorliegenden Gesetzesentwurf gibt es hierzu einige wenige gute Ansätze, die aber noch weiter ausgebaut werden müssen, damit von einer wahren Stärkung der inneren demokratischen Strukturen gesprochen werden kann.

Senat und Aufsichtsrat

Für eine wahre Stärkung der inneren demokratischen Strukturen ist es unserer Meinung nach unumgänglich die Rolle des Senates gegenüber dem Aufsichtsrat und dem Vorstand zu stärken. Der Senat ist das Gremium im KIT in dem Vertreter aller Gruppen sich treffen, um über die Belange des KIT zu beraten. Somit muss diesem Gremium auch eine Hauptrolle bei der strategischen Ausrichtung des KIT zugestanden werden. Dies beinhaltet insbesondere die Übertragung folgender Aufgaben vom Aufsichtsrat an den Senat:

  • Wahl der hauptamtlichen Vorstandsmitglieder (§ 8 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 KITG)
  • Beschlussfassung über den Stuktur- und Entwicklungsplan (§ 8 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 KITG)
  • Beschluss über den Entwurf des Wirtschaftsplans und des Finanzplans (§ 8 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 KITG)
  • Beschluss über die Funktionsbeschreibung von Stellen für Hochschullehren (§ 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 KITG).

Dem Aufsichtsrat sollen die bisherigen Befugnisse des Senats zu diesen Punkten übertragen werden (§ 10 Abs 1 Satz 2 Nr. 1, 3 und 4, Abs 2 Satz 1 Nr. 2).

Weiter müssen die Kompetenzen von Vorstand und Senat, wie es sich am Forschungszentrum Karlsruhe bewährt hatte, strikt getrennt werden. Deshalb dürfen die Mitglieder des Vorstandes nicht qua Amt auch Mitglied des Senates sein (streiche § 9 Satz 1 Nr. 1). Anstelle des Vorstandsvorsitzenden soll ein vom Senat aus seinen Reihen gewählter Ausschuss die Sitzungen des Senats und seiner Kommissionen leiten. 

Insgesamt muss die Verteilung der Senatsplätze neu überdacht werden. Mittlerweile studieren mehr als 22.000 Studierende am KIT und bilden somit die mit Abstand größte Gruppe. Im Senat mit insgesamt 57 Stimmen sind aber nur drei Studierende vertreten. Diese Diskrepanz kann so nicht stehen bleiben. Leider hat sich bei der Ausarbeitung der KIT-Satzung gezeigt, dass es intern nicht möglich ist den Studierenden mehr Bedeutung zu geben. Somit muss nun im KIT-Gesetz dafür gesorgt werden, dass die Studierendenschaft eine, der Größe der Gruppe, angemessene Vertretung im Senat erhält. Wir fordern, dass es sich bei 25 % der Mitglieder im Senat um Studierende oder eingeschriebene Doktoranden handeln muss. 

Wir begrüßen die Stärkung des Personalrates indem ihm ein Vorschlagsrecht für den Aufsichtsrat (Art. 1 Nr. 2 KITWG)  zugestanden wird. Wir fordern aber, dass die Studierendenschaft die gleichen Rechte erhält. Besonders im Anbetracht der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft ist zu erwarten, dass zukünftig die studentischen Senatoren nicht mehr den Vorstand der Studierendenschaft bilden. Außerdem werden durch die steigende Autonomie des KITs immer mehr für die Studierenden wichtige Entscheidungen direkt am KIT gefällt. Deshalb ist es absolut notwendig, dass in Zukunft ein Mitglied der Vorstandes der Studierendenschaft im Senat vertreten ist um die gute Zusammenarbeit zwischen der Studierendenschaft und den anderen Organen des KIT fortzuführen.

Ein Aufsichtsrat kann seine Aufgaben als Kontrollgremium nur dann umfassend erfüllen, wenn er einen Einblick in die Strukturen und Vorgänge der zu beaufsichtigenden Einrichtung besteht. Deshalb soll der Aufsichtsrat sich zukünftig zur Hälfte aus Mitgliedern des KIT zusammensetzen. Des Weiteren fordern wir die Festschreibung von mindestens einem studentischen Aufsichtsratsmitglied im KIT-Gesetz.

Vorstand

Wir begrüßen den Plan, dass das Vorstandsmitglied für Lehre und akademische Angelegenheiten nicht gegen den Willen der studentischen Senatoren (Art. 1 Nr. 2 a) bb) KITWG) gewählt werden kann. Das KIT ist stark von der Forschung geprägt. Deshalb ist es um so wichtiger, dass die Studierenden dem Vorstandsmitglied für Lehre und akademische Angelegenheiten, dem einzigen, das sich mit Belangen der Studierenden beschäftigt, sein Vertrauen ausspricht. Die Zustimmung der studentischen Senatoren sehen wir hierfür als ein geeignetes Mittel an. Weiter möchten wir anregen, dass eine ähnliche Regelung mit in das LHG, bei dessen geplanter Novellierung, aufgenommen wird. Hierfür ist es notwendig analog zu § 26 LHG ein hochschulweites Vorstandsmitglied für Studium und Lehre sowie eine hochschulweite »Studienkommission« einzuführen. Dies wäre allerdings nur eine Anpassung des Gesetzes an die übliche Praxis. Es dürfte keine Hochschule in Baden-Württemberg geben, an der eine ähnliche Position bzw. ein ähnliches Gremium nicht bereits vorhanden ist.

Zudem empfehlen wir, ein nebenamtliches studentisches Vorstandsmitglied einzuführen (ergänze dahingehend § 5 Abs. 1 KITG). Die Ausbildung der Studierenden ist eine der Kernaufgaben des KIT. Beim bisherigen Fusionsprozess lag der Fokus entweder auf der Organisation der Forschung oder das Zusammenführen der Verwaltung. Die Lehre hat hingegen noch nicht durch das KIT profitiert. Ein studentisches Vorstandsmitglied schärft den Blick des Vorstandes auf die Belange der Lehre am KIT und wäre dadurch eine starke Unterstützung für den übrigen Vorstand.

Des Weiteren schlagen wir vor, analog zu § 5 Abs. 6 KITG einen Ausschuss aus Vorstand und Vertretern der Studierendenschaft zu schaffen, der einem regelmäßigen Austausch in Angelegenheiten dient, welche die Studierenden betreffen.

Mitbestimmung der Mitarbeiter

Wir sehen die Einführung der gewählten Mitarbeitervertretung bei Instituten mit mehr als 80 Mitarbeitern (Art. 1 Nr. 5 KITWG) wie auch des Konvents der wissenschaftlichen Mitarbeiter (Art. 1 Nr. 7 b) KITWG) als Schritt in die richtige Richtung. Es reicht allerdings nicht lediglich die Existenz dieser neuen Gremien festzuschreiben, ohne ihnen konkrete Möglichkeiten zu geben, wie sie sich einbringen können. Insbesondere die Formulierung beim akademischen Konvent (Art. 1 Nr. 7 b) KITWG) mit »Dieser kann die die akademischen und wissenschaftlichen Mitarbeiter betreffenden Fragen beraten und Empfehlungen an die Organe des KIT aussprechen« unterstreicht lediglich die bereits im Grundgesetz verankerte Meinungs- und Versammlungsfreiheit.

Arbeitgeber- und Dienstherreneigenschaft

Die Studierendenschaft am KIT spricht sich gegen eine Schlechterstellung der Mitarbeiter/innen am KIT durch eine Übernahme der Dienstherren- bzw. Arbeitgebereigenschaft durch das KIT aus. Wir sind der Meinung, dass die Weiterentwicklung des KIT dem Wohl aller Mitglieder dieser Einrichtung dienen muss. In diesem Zusammenhang begrüßen wir es, dass es für das KIT nicht möglich sein wird einen Haustarifvertrag abzuschließen (Art. 1 Nr. 6 KITWG). Auf diese Weise ist sichergestellt, dass zukünftige Haushaltskrisen des KIT nicht mit Hilfe von Lohndumping gelöst werden.

In Bezug auf die Beamt/innen am KIT regt die Studierendenschaft am KIT an, dass das Land eine Ausfallbürgschaft für die Pensionen dieser Beamt/innen übernimmt. Diese Ausfallbürgschaft würde wirksam werden, falls die vom KIT zu bildenden Rücklagen nicht ausreichen, um die Pensionszahlungen zu gewährleisten. Gerade in Anbetracht der Tatsache, dass angedacht ist, die Spielräume des KIT in finanzieller Hinsicht zu erweitern (Kreditaufnahme), muss dafür Rechnung getragen werden, dass nicht alle Mitarbeiter/innen des KIT kollektiv für Fehler der Leitungsebene haften.

Chancengleichheit

Chancengleichheit ist nicht nur eine Frage des Geschlechts. Auch wenn wir im Großen und Ganzen die Regelungen in Art. 1 Nr. 9 KITWG zustimmen, so müssen diese dahingehend ergänzt werden, dass auch andere möglicherweise benachteiligte Personengruppen berücksichtigt werden. Außerdem sollte neben der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Studium festgeschrieben werden. Deshalb schlagen wir vor, § 16 Abs. 1 Satz 2 durch folgende Formulierung zu ersetzen:

»Das KIT wirkt auf die Beseitigung sämtlicher bestehenden Benachteiligungen aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Identität und anderer Merkmale hin. Es sorgt für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Familie und Studium und verfolgt das Ziel, allen die gleichen Zugangs- und Aufstiegschancen zu gewährleisten.«

Die weiteren Absätze von Art. 1 Nr. 9 KITWG müssen daraufhin überprüft werden, ob sie für die Chancengleichheit wirklich förderlich und in der Praxis umsetzbar sind.

Sondervermögen der Universität

Das Vermögen des Universitätsbereichs wird durch Art. 2 § 5 an das KIT übertragen. Dementsprechend muss es Art. 1 Nr. 11 f) Satz 2 »Artikel 2 § 5« (und nicht »§ 4«) heißen.

Bei der Regelung von Art. 2 § 5 stellt sich für uns die Frage, wie diese im Zusammenhang mit der Wiedereinführung der Verfassten Studierendenschaft umgesetzt werden soll. An dieser Stelle muss das KIT als Sonderfall im Gesetzgebungsverfahren zur Verfassten Studierendenschaft beachtet werden.

Zivilklausel

Die Verpflichtung zur friedlichen Forschung ist eine grundsätzliche forschungspolitische Entscheidung und nicht nur auf den Komplex der Großforschung zu beziehen. Daher sollte dies für das gesamte KIT gelten. § 1 KITG soll um folgenden Absatz ergänzt werden: »Das KIT verfolgt nur friedliche Zwecke.« Im Zuge dessen fordern wir, dass unter § 10 KITG ergänzt wird »(6) Der KIT-Senat kann einstimmig über die Genehmigung nach § 1 Abs. 5 strittiger Fälle entscheiden.« Dies entspricht der bisherigen Klausel aus dem Gründungsvertrag des früheren Forschungszentrums, die sich in über 50 Jahren in der Praxis bewährt und in weiten Zügen das Bild der Forschungslandschaft geprägt hat. Ausserdem wurde dies in einer Urabstimmung der Studierendenschaft 2009 mit großer Mehrheit gefordert.

Sonstiges

Die Streichung des Zusatzes »staatliche Einrichtung« in Art. 1 Nr. 1 KITWG wird von der Studierendenschaft am KIT kritisch gesehen, da wir uns ausdrücklich als Angehörige einer staatlichen Universität sehen und eine Entwicklung des KIT hin zu einem privatwirtschaftlich organisierten Forschungskonzern ablehnen. Auch wenn die Streichung dieses Zusatzes rein symbolischer Natur sein mag, so ist sie doch ein Statement wohin sich das KIT entwickeln soll. Insbesondere eine grün-rote Landesregierung sollte aber ein Interesse daran haben ein klares Zeichen zu setzen, dass das KIT auch nach dem Abschluss der Fusion noch immer eine »staatliche Einrichtung« sein wird. Der Zusatz »staatliche Einrichtung« betont zudem die Verantwortung, welche das KIT gegenüber der Gesellschaft wahrzunehmen hat. Aus dieser Verantwortung heraus entspringt unter anderem auch die Verpflichtung die Lehre nicht gegenüber der Forschung zu vernachlässigen. Dieser Verpflichtung wird der bisherige Verlauf des Fusionsprozesses nicht gerecht, da die angekündigten Vorteile für den Lehrbetrieb überschaubar bleiben. In diesem Kontext regen wir also eher eine stärkere Betonung der Verantwortung des KITs gegenüber der Gesellschaft an.